Chromidotilapiine Cichlid Conservation Project (CCCP)

Aufgrund des Umstandes, dass leider immer mehr Arten aus der Gruppe der chromidotilapiinen Cichliden seltener bzw. gefährdet werden, wird das bisherige Limbochromis Conservation Project innerhalb eines neuen, umfassenderen Projektes eingebettet, nämlich dem

Chromidotilapiine Cichlid Conservation Project (CCCP)

Innerhalb des CCCP werden in der nächsten Zeit mehrere Unterprojekte entstehen, die sich jeweils mit einer Art im Detail beschäftigen werden. Dabei werden einzelne Klassen bezüglich der Wichtigkeit der Arterhaltung unterschieden:

In der Kategorie A werden nur solche Arten eingereiht, die nach derzeitigem Wissensstand in der Natur, also in ihrer natürlichen Verbreitung, nur eng umrissene Areale besiedeln und aufgrund von bekannten Einwirkungen in diese Areale stark gefährdet sind (A1), oder nur kleinere Areale besiedeln (dürften) und dadurch potentiell stark gefährdet erscheinen (A2).
In der Kategorie B werden Arten eingereiht, zu deren Status in der Natur keine exakten Informationen bekannt sind, die aber nach derzeitigem Wissen wahrscheinlich auch nur relativ limitierte Verbreitung in der Natur besitzen dürften und daher wahrscheinlich oder leicht einer Gefährdung unterliegen könnten (B1). Es kann auch zum Tragen kommen, dass Arten zwar vielleicht ein gutes Verbreitungsareal aufweisen, bei denen aber aufgrund der Wahrscheinlichkeit, dass sie nur äußerst selten für die Aquaristik importiert werden dürften (B2), z.B. aufgrund infrastruktureller Gegebenheiten im Herkunftsgebiet, oder politisch-soziologischer Probleme, die Annahme besteht, dass der Import einer solchen Art - wenn einmal ermöglicht gewesen - kaum bis gar nicht nochmals innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes zu erwarten ist und eine solche Art daher mit besonderer Sorgfalt im Hobby erhalten werden soll.

Eine Art der Kategorie A kann dabei unter Umständen gleichzeitig auch als eine Art der Kategorie B eingestuft werden, wobei aber meist nur Arten der Kategorie A auch Bezug zur Arterhaltung gemäß der Standards von Arterhaltungsprogrammen in Zoos oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen erfüllen werden, bzw. ggf. auch der Roten Liste erfüllen werden.
Der Status jeder Art innerhalb des Projektes wird halbjährlich geprüft, allfällig vorzunehmende Umstufungen einer Art werden dabei durchgeführt.

Teilprojekte:

Limbochromis Conservation Project, Kategorie A1

Limbochromis robertsi (Thys van den Audenaerde & Loiselle, 1971) ist die einzige Art der Gattung. Sie ist nicht weit verbreitet und nur aus dem Osten Ghanas im Gebiet der Stadt Kyebi, und einer kleinen Region im Westen des Landes bekannt. Dort beschränkt sich das Vorkommen auf einige kleine Gebirgsbäche.

Heute ist die Region um Kyebi sehr stark durch den illegalen Goldabbau und die Zunahme der Landwirtschaft auf Grund des Bevölkerungswachstums bedroht. Die kleinen Bäche, in denen die Art vorkam, münden in den extrem schadstoffbelasteten Birim River. Die Mündungsbereiche dieser kleinen Bäche sowie das umliegende Areal sind sehr stark fragmentiert und meist zerstört, so dass die Art hier bereits ganz verschwunden ist. Weiters sind die kleinen Bäche durch die in der Landwirtschaft verwendeten Herbizide und Pestizide starken Belastungen ausgesetzt, sowie steigender Wassertemperaturen aufgrund der fehlenden Beschattung, hervorgerufen durch die komplette Abholzung des ursprünglichen Waldes. Der illegale Goldabbau im Überschwemmungsgebiet des Birim River wird sich wahrscheinlich auf die Hügel entlang der Bachläufe ausdehnen. Als letzte und neueste Meldung wurde zusätzlich bekannt, dass die Regierung Ghanas an China ziemlich uneingeschränkte Rechte für die Holzschlägerung und den Abbau von Mineralien für die Region verkauft hat.

Zusätzlich hat auch der Straßenbau in der Region einige Bäche, in denen die Art früher noch vorkam, vernichtet. Der Status der Art in der westlich gelegenen Ankasa-Region ist unbekannt, es gibt dazu seit mehr als 20 Jahren keine Informationen.

Aus diesen Gründen ist Limbochromis robertsi als Art der Kategorie A1 einzustufen.

Aufgrund von Beobachtungen aus den Jahren 2016 und 2018 kann angenommen werden, dass in dem Gebiet um Kyebi vielleicht noch 1000 Exemplare der Art vorkommen, was ca. 10% des Bestandes entspricht, der Anfang der 1990-Jahre noch vorhanden war. Diese verbleibenden Fische sind über drei kleine Bäche verteilt, den Black, Red und White Krensen, die nicht miteinander verbunden sind und alle in den Birim River einmünden.

Limbochromis robertsi ist insofern eine besondere Buntbarschart, weil sie bisher die einzige Art ist, die frei zwischen zwei Brutstrategien wechseln kann, nämlich zwischen paarbildendem Höhlenbrüten und larvophilem Maulbrüten, wobei auch im letzteren Fall die Paarbindung bestehen bleibt, aber nur das Weibchen alleine diese Brutpflege betreibt. Darüber hinaus ist die Art auch deshalb interessant, weil sich nach bisherigen molekularbiologischen Untersuchungen gezeigt hat, dass die vermutlich nächst verwandte Art aus den zentralen Bereichen des Kongo stammt.

Aufgrund der geringen Anzahl von Exemplaren, die noch in Freiheit vorhanden sein dürften, besteht die Gefahr, dass diese Art ausstirbt. Daher besteht dringender Bedarf für ein Schutz- und Erhaltungszuchtprogramm. Ein in-situ-Programm zum Schutz im natürlichen Habitat wäre sicher am sinnvollsten, allerdings besteht nur geringe Hoffnung, dass die Gebiete um Kyebi und Ankasa (falls in letzterem Areal die Art noch existiert) erhalten bzw. geschützt werden können. Untersuchungen dazu sind sicher noch erforderlich, um die Populationsgrößen exakter zu bestimmen.

Ein ex-situ Programm, in Kooperation mit Ghana (hoffentlich) sowie wissenschaftlichen Institutionen außerhalb Ghanas, gemeinsam mit öffentlichen Zoos und Aquarien sowie privaten Spezialisten, scheint derzeit der einzige sinnvolle Weg zu sein, diesen besonderen Endemiten aus Ghana vor dem Aussterben zu bewahren.

Nanochromis minor Conservation Project, Kategorie A2 und B2

Nanochromis minor (Roberts & Stewart, 1971) kommt in einem Areal unbekannter Größe im Unterlauf des Kongoflusses in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) vor. Es handelt sich hier übrigens um den wahrscheinlich kleinsten Buntbarsch der Welt, Männchen sind mit ca. 3 cm ausgewachsen, Weibchen mit etwa 2,5 cm.

Dieses Verbreitungsgebiet ist aufgrund der topografischen Struktur mit den vielen Stromschnellen und Katarakten nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen extrem kleinräumig strukturiert, sodass trotz der im Prinzip unbekannten Größe des Verbreitungsgebietes der Art angenommen werden kann, dass sie nur in einem relativ eingeschränkten Areal vorkommen dürfte. Daher erfolgt die erste Einstufung in die Kategorie A2. Zusätzlich ist dieses Gebiet fernab von üblichen Regionen für die Fischsammler aus der DRC und sie wurde, trotz der schon Jahrzehnte zurückliegenden Erstbeschreibung, an sich nie von diesen Personen gesammelt und exportiert. Der einzige bisherige Import erfolgte im Jahr 2016 durch den engagierten Importeur und Aquarianer Oliver Lucanus aus Kanada, der erste Nachzuchten erzielte und verteilte, wodurch die Art nun im Hobby grundsätzlich verfügbar ist.

Da das Vorkommensgebiet eben an sich nicht kommerziell besammelt wird ist eine Änderung der Situation kaum zu erwarten ist. Dazu kommt, dass die politische Lage in der DRC seit langem nicht sehr stabil ist und Änderungen eher nicht erwartet werden können. Außerdem besteht eine gewisse Gefahr durch Kraftwerksbauten in der Region, damit muss derzeit davon ausgegangen werden, dass diese Art kaum bis gar nicht nochmals in absehbarere Zeit importiert wird. Daher wird N. minor zusätzlich auch in die Kategorie B2 gestellt.

 

Mag. Dr. Anton Lamboj

Nanochromis minor Conservation Project