Finescale Splitfin
Dieses Projekt konzentriert sich auf die kritisch gefährdete Fischart Allodontichthys polylepis, auch beschrieben als Vielschuppiger Grundkärpfling. Die Bemühungen um die Ex-situ-Erhaltung dieser Art laufen seit 2013 in Europa und begannen zunächst mit einer begrenzten Anzahl von Fischen und ZüchterInnen. Über die Jahre konnte sich das Projekt erfolgreich etablieren und wird seit 2024 als Erhaltungszuchtprojekt des ÖVVÖ geführt.
Das Ziel des Erhaltungszuchtprojekts für Allodontichthys polylepis bestand ürsprünglich darin, die Zahl der Exemplare über einen Schwellenwert von 500 und die Zahl der beteiligten ZüchterInnen auf mindestens 20 zu bringen, das entspricht einer durchschnittlicher Zahl von 25 Exemplaren pro ZüchterIn. Dadurch sollte das Risiko von Bestandsverlusten grundsätzlich deutlich verringert werden. Nachdem diese Zielsetzungen erreicht wurden, wird der Bestand bei Erweiterung auf weitere Züchter stabil gehalten. Das Projekt umfasst auch das Bestreben, die natürlichen Bestände durch Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch mit mexikanischen Stakeholdern, insbesondere den bereits involvierten Universitäten, zu stärken und die Voraussetzungen für Wiederansiedlungsbemühungen zu fördern.
Artbeschreibung, Lebensraum und Verbreitung
Innerhalb der Unterfamilie Goodeinae, den lebendgebärenden Hochlandkärpflingen aus Mexiko, bilden die Gattungen Allodontichthys, Ilyodon und Xenotaenia den monophyletischen Stamm Ilyodontini, wobei Allodontichthys die Schwestergruppe zu einer Klade ist, die Ilyodon und Xenotaenia umfasst. Die Gattung selbst besteht aus den folgenden vier Arten in alphabetischer Reihenfolge:
- Allodontichthys hubbsi
- Allodontichthys polylepis, siehe Abbildung 1, der Vielschuppige Grundkärpfling wissenschaftlich beschrieben von:
Rauchenberger (1988): A new Species of Allodontichthys (Cyprinodontiformes: Goodeidae), with comparative Morphometrics for the Genus. Copeia 1988 (2): pp 433-441. - Allodontichthys tamazulae
- Allodontichthys zonistius
Abbildung 1: Allodontichthys polylepis - der Vielschuppiger Grundkärpfling und auf Englisch dem Projektnamen entsprechend „Finescale Splitfin“ genannt. Foto: André Scheiwiller.
Allodontichthys polylepis ist die einzige Allodontichthys-Art, die aus dem hydrographischen Einzugsgebiet des Río Ameca, genauer gesagt des Río Ameca-Atenguillo, bekannt ist. Die Art kam ursprünglich in zwei Subeinzugsgebieten vor, dem Río Ameca-Pijinto (PIJ) und dem Río Atenguillo (ATE), diese Abkürzungen der Bereiche sind in Abbildung 2 ausgewiesen. Aus dem Teileinzugsgebiet des Río Ameca-Pijinto ist sie nur von der Typlokalität, dem Arroyo Potrero Grande oder Arroyo Grande, bekannt. Im Teileinzugsgebiet des Río Atenguillo sind hingegen zwei Fundorte bekannt: Der Arroyo Estanzuela, manchmal auch Río de las Bolas oder Río de la Pola genannt, und der Arroyo de Ávalos. Aufgrund ihres Vorkommens in zwei verschiedenen Subeinzugsgebieten können somit zwei Unterpopulationen unterschieden werden.
Abbildung 2: Verbreitung von Allodontichthys polylepis. Grafik: Michael Köck.
Allodontichthys polylepis kommt in Anlehnung an die Habitatbeschreibung von Miller (2005) in klaren Bächen mit turbulenter, aber auch in Bereichen ohne Strömung vor. Der Untergrund der Bäche umfasst Schlamm, Sand, Kies, Geröll und Felsen. Wasserpflanzen sind nicht dokumentiert, jedoch Grünalgen in der Wassersäule oder auf Steinen. In der Trockenzeit fallen die Bäche zumeist trocken und der Lebensraum reduziert sich auf Tümpel ohne merkbare Strömung, auch beträgt die Wassertiefe dann dort nur noch weniger als 0,5 m. Weitere naturwissenschaftliche Expeditionen nach 2005 bestätigten im Wesentlichen diese Bedingungen und dokumentieren die saisonalen Schwankungen. Abbildung 3 zeigt exemplarisch den Lebensraum von Allodontichthys polylepis bei Arroyo de Ávalos in der Nähe der Brücke Puente de Ávalos.
Bezüglich ausgewählter Wasserparameter sind folgende Wertebereiche dokumentiert, die Lufttemperatur lag hierbei bei rund 28°C:
- Wassertemperatur 14,1 bis 19,9°C
- pH 7,0 bis 7,2
- Karbonathörte 5,0 bis 6,6°dH
- Gesamthärte 6,5°dH
- Nitrat und Nitrite nicht nachweisbar
Abbildung 3: Habitat von Allodontichthys polylepis, Flussbereich des Arroyo de Ávalos. Foto: Michael Köck.
Bedrohung
In der Roten Liste der IUCN (2018) wird die Art als "kritisch vom Aussterben bedroht" (Critically Endangered) eingestuft: https://www.iucnredlist.org/species/191370/1977348
Den Habitatbeschreibungen der letzten Jahre zufolge sind Dürreperioden, die höchstwahrscheinlich durch den Klimawandel verursacht bzw. zumindest durch ihn verstärkt werden, die größte Gefahr. Dies führt zu höheren Wassertemperaturen und schlechterer Wasserqualität in der Trockenzeit. Die anthropogene Verschmutzung durch die Landwirtschaft und die Abwässer aus besiedelten Gebieten scheinen hingegen kaum eine Rolle zu spielen, denn flussaufwärts ist das Einzugsgebiet nur sehr dünn besiedelt. Das liegt daran, dass es grundsätzlich trocken und schwer zugänglich ist.
Der praktische Umgang mit dieser Bedrohung ist eine große Herausforderung und insbesondere die Optionen für Wiederansiedlungen in der Natur sind auf tiefe Stellen in den Bächen limitiert, die auch bei extremen Bedingungen nicht trockenfallen. Hier gilt es jedoch vorab, das Zusammenleben mit anderen Fischarten zu untersuchen. Im Moment sollte der Fokus jedoch auf der Ex-situ-Arterhaltung liegen, so wie es im Rahmen dieses Projekts erfolgreich realisiert wird. Diese hilft dem Vielschuppigen Grundkärpfling entscheidend zu überleben.
Ex Situ Bestand im Rahmen des Projekts
Die für die Erhaltungszucht berücksichtigte Linie ist die Population von Allodontichthys polylepis aus dem Arroyo Estanzuela, die 1987 von dem österreichischen Virologen Alfred Radda gesammelt wurde. Es gibt eine zweite Linie aus diesem Wasserkörper aus den frühen 2000er Jahren von der Universität in Morella. Diese Population wird in diesem Projekt allerdings nicht berücksichtigt, da die wenigen in Europa gepflegten Exemplare wahrscheinlich Inzuchterscheinungen aufweisen und die US-amerikanischen Exemplare aus verschiedenen Gründen nicht berücksichtigt werden können. Die Tiere aus der Radda-Linie werden ausschließlich in Europa gepflegt, davon ausgenommen sind Individuen, die dem Nachzuchtprogramm des Laboratorio de Biología Acuática J. Javier Alvarado Díaz, Universidad Michoacana de San Nicolás de Hidalgo, Morelia, Mexiko zugehörig sind. Diese Exemplare, die ursprünglich auf Bestände europäischer ZüchterInnen zurückzuführen sind, sind jedoch aufgrund der großen Distanz zu Mexiko nicht in diesem Projekt berücksichtigt. Wiederansiedelungsbemühungen sollten in Zukunft jedoch natürlich unterstützt werden.
Zudem gibt es einen Bestand aus einem weiteren Fundort, diese Tiere befinden sich allerdings in den Vereinigten Staaten und sind in dem Projekt nicht berücksichtigt.
Eine Population aus dem Teileinzugsgebiet des Río Ameca-Pijinto (Typuslokalität) wäre für die Berücksichtigung in dem Projekt von Interesse, es ist allerdings keine noch existierende bekannt.
Die Gesamtpopulation von Allodontichthys polylepis im Rahmen des Projekts umfasst im Jahr 2023 843 Fische (216 Männchen, 256 Weibchen und 371 Jungfische).
Projektleitung:
- Fővárosi Állat- és Növénykert (Zoo Budapest), Ungarn: szanati.elod@zoobudapest.com
- The Aquarium at Malmö Museer, Schweden: jesper.flygare@malmo.se
Projektteilnehmer (31)
- Aquarium Berlin (DE)
- Bauer, Thomas (DE)
- Davies, Patrick (GB)
- De Graaf, Arjan (NL)
- Diergaarde Blijdorp, Rotterdam Zoo (NL)
- Ellis, Peter (GB)
- Fjeldstad, Dag Leonard (NO)
- Fővárosi Állat- és Növénykert, Zoo Budapest (HU)
- Friedrich, Torsten (DE)
- Hammelmann, Jan (DE)
- Haus des Meeres (AT)
- HunterNigel (GB)
- Kossuth Lajos Gimnazium (HU)
- Mental Health Action Group Sheffield (GB)
- Oliver, Steven (GB)
- Roebuck, Greg (GB)
- Rüdiger, Wolfgang (DE)
- Schulze, Michael (DE)
- Szabolcs, Máté (HU)
- The Aquarium at Malmö Museer (SE)
- Tropiquaria Zoo (GB)
- Tveteraas, Andreas (NO)
- Urban, Kay (DE)
- Vannerom, Ronny (BE)
- Vrbančič, Jože (SL)
- Walford, Heather (GB)
- Walker, Clive (GB)
- Wilhelm-von-Oranien-Schule (DE)
- Wisian, Luca (DE)
- Zoologischer Garten Köln (DE)
- Zoo Płock
Projektpartner:
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